Aus Fehlern lernen – Fugen in Betonfassaden

illbruck / 31 Dezember 2024

Die Betonfassade hatte ihren großen Aufschwung in den 1960er- und 1970er-Jahren, als das industrielle Bauen plötzlich erhebliche Produktivitätssteigerungen und eine gleichzeitige Kostensenkung ermöglichte. Doch die erhöhte Wirtschaftlichkeit forderte ihren Tribut: Gerade in der ehemaligen DDR hatte sich die Gebäudeplanung komplett dem effizienzorientierten Produktionsablauf unterzuordnen – mit dem Ergebnis eines mitunter trostlosen Stadtbilds, beherrscht von faden Plattenbauten. Auch massive Verarbeitungsfehler, die heutige Sanierungen zu einer wahren Herausforderung werden lassen, sind keine Seltenheit. Mittlerweile bahnt sich aufgrund von neuen Technologien ein unerwartetes Comeback der Betonfassade an – und es wird Zeit, aus Fehlern zu lernen…

Der „Plattenbauwahn“ der DDR, aber auch ähnlich orientierte Bauvorhaben in Westdeutschland sorgen bis heute für einen erheblichen Sanierungsaufwand. Dabei liegt die Herausforderung für die Planer nicht allein in der Beseitigung der Mängel, die aufgrund des verhältnismäßig niedrigen Verarbeitungsstandards breit gesät sind, sondern auch in der Bewältigung der neu hinzugekommenen energetischen Anforderungen. Die Dämmung der Gebäudehülle spielt eine bedeutende Rolle, ebenso die Sanierung der Fassadenfugen. Gerade Letztere verlangt von Planern wie Handwerkern spezielle Kenntnisse und besondere Sorgfalt – zumal die Plattenfugen im Zuge einer Sanierung „bei laufendem Betrieb“ nur von außen zugänglich sind.

Wie ist eine solche Sanierung der Fassadenfugen am besten zu bewerkstelligen?

Um hier hilfreiche Antworten zu finden, haben zwei Institute aus dem Bereich Bauwesen der Fachhochschule Bochum im Rahmen eines Forschungsprojektes die Sanierung eines achtgeschossigen Berliner Plattenbaus begleitet:

Forschungsobjekt Fassadenfuge, Saatwinkler Damm 143-153, Berlin (2007 – 2009)

Das Projektvorhaben:

Sprödbrüche und Risse im Dichtungsmaterial, aber auch bauphysikalische Mängel beim betrachteten Wohnkomplex aus den 1970er-Jahren haben im Laufe der Jahre zu erheblichen Bauschäden an der Fassade aus gedämmten Sandwichelementen geführt. Über zwei Jahre hinweg dokumentieren die Forscher die Feuchtigkeitsveränderungen in den Fugen mithilfe von Endoskopkameras und Sensoren, ermitteln die Arbeitskosten der Fassadensanierung und analysieren dabei Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit und Wartungsaufwand von zwei verschiedenen Lösungskonzepten: Mit spritzbarem Dichtstoff und mit vorkomprimiertem Fugendichtband – in diesem Fall illbruck TP600 illmod 600.

Fazit der Forscher:

Wo ein Zustrom von Raumluft in die Fassadenkonstruktion nicht auszuschließen ist, kann ohne Hinterlüftung der äußeren Schale nur eine dampfdiffusionsoffene Abdichtung Bauschäden verhindern. Wasserdampfundurchlässiger Dichtstoff schützt zwar vor wetterbedingter Feuchtigkeit, lässt jedoch im Inneren entstehendes Kondenswasser nicht nach außen entweichen, weshalb es trotzdem zu feuchtigkeitsbedingten Schäden kommt. Die von den Forschern betrachteten Fugen bildeten mit der Zeit Risse und lösten sich an den Flanken. So konnte schließlich auch noch Feuchtigkeit von außen eindringen und weiteren Schaden anrichten.

Das dampfdiffusionsoffene Fugendichtungsband erwies sich zudem als deutlich wirtschaftlicher auf langfristige Sicht. Es lässt sich schneller und witterungsunabhängig verarbeiten, außerdem ist eine Wartung überflüssig, da keine Flankenabrisse auftreten können. Im Ergebnis der Forscher war das vorkomprimierte Fugendichtband eindeutig die bessere Wahl – insgesamt 16.500 Meter davon wurden im Zuge dieses Projektes verwendet.

Vor dem Hintergrund der Wohnsituation in vielen Großstädten können die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte sowie die Ergebnisse des Forschungsprojektes künftig auch für Neubauprojekte von großer Bedeutung sein. Erneut stehen wir vor dem Problem, dass wir sehr viele Wohnungen in kürzester Zeit bauen müssen. Allein Berlin benötigt mit 40.000 neuen Einwohnern pro Jahr rund 15.000 zusätzliche Wohnungen. Die Architekten und die Industrie beschäftigen sich daher wieder verstärkt mit Fertigteilbausystemen. Und erfreulicherweise verfügen wir nun über ein umfassendes Know-how, das uns dabei hilft, die Fehler von damals in Zukunft zu vermeiden.