Absturzsichernde Fensterelemente – Möglichkeiten und Richtlinien

illbruck Planungsteam Bauanschluss / 05 Juni 2024

Ein wesentlicher Kernpunkt bei der Baukonstruktion ist die Sicherheit – das gilt auch und gerade für den Fensterbereich. Ab einer bestimmten Sturzhöhe (meist 1 m, in Bayern 0,5 m) ist der Einbau einer sogenannten Absturzsicherung vorgeschrieben, was gerade bei modernen, heutzutage sehr beliebten bodentiefen Fenstern eine gezielte Planung voraussetzt.

Leitfaden durch den Dschungel der Vorschriften

Die einfachste Form der Absturzsicherung ist das allseits bekannte Geländer (behördensprachlich auch „Umwehrung“ genannt). Im häuslichen und öffentlichen Bereich sichert es zuverlässig Balkone, Treppen, Galerien und mehr.

Siehe z. B. Musterbauordnung:

Bei den Fenstern kommt traditionell eine tragende, massive Brüstung zum Zug, die einen Absturz verhindern soll. Aber schon bei dieser elementarsten aller Lösungen ist unbedingt zu beachten: Unterschreitet die Fensterbrüstung die vorgeschriebene Höhe (Landesbauordnung) – je nach Absturzhöhe zwischen 80 cm und 110 cm – muss eine zusätzliche Absturzsicherung angebracht und nachgewiesen werden. Dies gilt erst recht, wenn bodentiefe Fenster in der Planung vorgesehen sind.

Natürlich ist die Problematik alles andere als neu und es gibt effektive Wege, um die verlangte Absturzsicherung zu garantieren. Der Verbreitetste von ihnen ist das sogenannte "Französische Fenster", bei dem ein außen in der tragenden Wand verankertes Gitter den Fensterbereich schützt.

Jedoch gibt es heutzutage ein stechendes Argument gegen diese Methode:
Moderne Bauten werden aus energetischen Gründen üblicherweise von außen gedämmt. Eine die Dämmung querende Gitterbefestigung würde zur Wärmebrücke und möglichen Schwachstelle für die äußere Abdichtungsschicht. Um solche Risiken zu vermeiden, entscheiden sich Planer immer öfter für eine absturzsichernde Fensterausführung.

Fensterelemente gehören aus statischer Sicht zu den nichttragenden Bauelementen. Wird aber ein Fenster als absturzsicherndes Element eingesetzt, muss diese Funktion gem. der ETB-Richtlinie nachgewiesen werden. Absturzsichernde Fensterelemente sind Sonderkonstruktionen und deren tragwerkstechnischen Nachweise gehören zur „Hausstatik“. Es ist also vor der Montage eine prüffähige, durch einen Prüfstatiker gegengeprüfte Statik erforderlich.

Obwohl der Markt hier bereits vielfältige Lösungen bereitstellt, entsprechen viele Absturzsicherungen, die in den letzten Jahrzehnten gebaut wurden, nicht den Normen und Bestimmungen. Hierdurch begeben sich die Planer, Bauleitung und Montagefirmen in die Gefahr, nach § 319 StGB (Baugefährdung) zur Rechenschaft gezogen zu werden. Zudem führt die Nichteinhaltung von technischen Vorschriften zu einer Verlängerung der Haftung auf 30 Jahre.

Je nach Einbausituation des Fensters und der Baukörperbeschaffenheit ist es oft nicht möglich, das Fenster allein durch den Einsatz konventioneller Befestigungsmittel gegen Absturz zu sichern.

illbruck bietet für die absturzsichernde Montage von Fensterelementen ergänzend die illbruck FX760 Absturzsicherungs-Lasche an.

Bauliche Fehler vermeiden durch Einhaltung der folgenden Regeln

  • Absturzsichernde Fenster sind Sonderkonstruktionen und sind auch entsprechend zu planen. Statische Voraussetzungen für die Fensterbefestigung im Tragwerk sind mit dem Statiker gem. ETB-Richtlinie zu klären. Ist eine Absturzsicherung aus Glas angedacht, muss dies gem. der DIN 18008 Teil 4 (früher TRAV) erfolgen.
  • Entspricht die geplante Konstruktionsart nicht den Anforderungen aus der ETB-Richtlinie und/oder der DIN 18008 Teil 4, ist eine Zustimmung im Einzelfall (ZIE) notwendig.
  • Die absturzsichernde Funktion der Fenster muss so ausgeschrieben werden, dass der Ausführende den zusätzlichen Aufwand und Anforderungen eindeutig erkennen und einschätzen kann und zur Vorlage aller entsprechenden Nachweise aufgefordert wird.
  • Der statische Nachweis der Absturzsicherung ist für den Fensterbauer eine Sonderleistung und muss deswegen entsprechend ausdrücklich ausgeschrieben werden.
  • Die zu der Absturzsicherung geforderten Nachweise müssen VOR DER AUSFÜHRUNG an der Baustelle vollständig erbracht werden.
  • Die Ausführung der Absturzsicherung darf nicht von den erbrachten Zulassungen/Nachweisen abweichen.

Welche statischen Nachweise sind zu erbringen? Die Erklärung der Nachweiskette

Bei absturzsichernden Fenstern / Verglasungen ist eine lückenlose Nachweiskette von der Verglasung bis zur Einleitung aller Lasten in die tragende Konstruktion vorzuweisen. Mithilfe der nebenstehenden Übersicht können Sie leicht für die von Ihnen verwendete Konstruktionsart überprüfen, ob alle benötigten Nachweise angedacht bzw. vorhanden sind.

Fenster gem. Kategorie A (DIN 18008 Teil 4)

  1. Fensterelemente

    • geeignete Verglasung
    • geeignete Glashalterung
    • geeigneter Rahmen
  2. Fensterbefestigung in der tragenden Wand nach ETB-Richtlinie

Fenster gem. Kategorie C2 (DIN 18008 Teil 4)

  1.  Fensterelement

    • geeignete Brüstungsverglasung
    • geeignete Glashalterung der Brüstungsverglasung
    • geeignetes Querriegelprofil
    • geeigneter Rahmen
  2. Fensterbefestigung in der tragenden Wand nach ETB-Richtlinie

Fenster gem. Kategorie C3 (DIN 18008 Teil 4)

  1.  Fensterelement

    • geeignete Brüstungsverglasung
    • geeignete Glashalterung der Brüstungsverglasung
    • geeigneter Rahmen
  2. Fensterbefestigung in der tragenden Wand nach ETB-Richtlinie
  3. Holm

    • geeigneter Holm
    • geeignete Holm-Halterung in der tragenden Wand nach ETB-Richtlinie

Fenster mit im Blendrahmen befestigtem Geländer

  1.  Geländer

    • geeignetes Geländer (Metall/Glas)
    • geeignete Geländer-Halterung im Fensterrahmen
  2. Fensterelement

    • geeigneter Rahmen für Geländer-Halterung
  3. Fensterbefestigung in der tragenden Wand nach ETB-Richtlinie

Fenster mit vorgelagertem, in der tragenden Wand befestigtem Geländer (sog. Französisches Fenster)

  1. Geländer (als Umwehrung gem. §38 Musterbauordnung)

    • geeignetes Geländer
    • geeignete Geländer-Halterung in der tragenden Wand
  2. keine Anforderungen an Fensterelement/Verglasung (sofern das Geländer alle Anforderungen erfüllt. Siehe unten)

Mischformen

Es entstehen immer neue Mischformen aus den o.g. Haupttypen zur Absturzsicherung, die jeweils vom Tragwerksplaner statisch auszuwerten und nachzuweisen sind.


Ergänzende Hinweise zur Geländerausführung

  • Die Anforderungen an die Geländer werden in Deutschland u. a. in den Landesbauordnungen, in den Arbeitsstättenrichtlinien, in der DIN-Norm 18065 „Gebäudetreppen“ und in den Unfallverhütungsvorschriften (UVV) geregelt.
  • In Gebäuden, bei denen mit der Anwesenheit von Kindern zu rechnen ist, dürfen die Abstände zwischen Geländerstäben, Kniegurten oder ähnlichen Füllungsbauteilen des Geländers sowie zwischen den Fensterrahmen und dem Geländer max. 12 cm im Lichten betragen. Wenn diese maximal zulässigen Abstände überschritten werden, kann eine absturzsichernde Verglasung notwendig werden.
  • Als Absturzsicherung können auch Glasgeländer der Kategorie C1 (DIN 18008 Teil 4) verwendet werden.

Die wichtigsten Normen und Bestimmungen rund um die Absturzsicherung:

  • Landesbauordnungen (Baurecht ist Ländersache – Achtung, hier gibt es Unterschiede!)
  • ETB-Richtlinie – "Bauteile, die gegen Absturz sichern"
  • DIN 18008-4 "Glas im Bauwesen – Bemessungs- und Konstruktionsregeln (Zusatzanforderungen an absturzsichernde Verglasungen)" 
  • Arbeitsstättenrichtlinien (ASR)
  • Unfallverhütungsvorschriften (UVV)
  • DIN-Norm 18065 "Gebäudetreppen" - Eignungsnachweis für geschweißte Geländer nach DIN 18800, Teil 7, Ziffer 6

Die illbruck FX760 Absturzsicherungs-Lasche

Absturzsichernde Fenster sind Sonderkonstruktionen, die im Gegensatz zu den normal montierten Fenstern eines statischen Nachweises bedürfen. Vom Prinzip ist es mit Balkon- oder Treppengeländer vergleichbar. Diese statischen Berechnungen gehören zum Standsicherheitsnachweis des Gebäudes und werden von Bauingenieuren (Statikern) geführt. Wird dieser Nachweis von dem ausführenden Unternehmen gefordert, ist das nach VOB eine Sonderleistung, die entsprechend zu vergüten ist (also gleiches Vorgehen, wie heute bei Fassaden üblich).

Sind die verwendeten Fensterbefestigungsmittel nicht für die Absturzsicherung nachgewiesen, ist es möglich, diese Sonderanforderung durch entsprechende Zusatz-Befestigungsmittel zu erreichen. Dafür ist die illbruck FX760 Absturzsicherungs-Lasche konzipiert. Die bei der Prüfung nach der ETB-Richtlinie ermittelten Werte dienen dem Statiker zur Festlegung, wie viele von diesen Laschen und an welchen Stellen sie jeweils zu positionieren sind, um das Fensterelement absturzsichernd zu befestigen.

Varianten illbruck FX760

Beispiel Montage innerhalb
der Wandlaibung

Beispiel Montage mit Vorwandmontage-System

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